Den nachfolgenden Beitrag haben wir an alle Mitglieder des Deutschen Bundestags versendet und bisher keine einzige Antwort erhalten.

Der Sprachnachweis beim Ehegattennachzug muss entfallen

insbesondere beim Ehegattennachzug zu deutschen Staatsbürgern

Der gegenwärtige Zustand bezüglich des Sprachnachweises beim Ehegattennachzug vor der Einreise ist in höchstem Maße bedauerlich, denn dieser stellt ein erhebliches Einreisehindernis dar, dass den Nachzug von Ehegatten zu deutschen Staatsbürgern in rund 10.000 Fällen pro Jahr verhindert. Diese alarmierende Fallzahl ergibt sich aus der Anzahl der nicht bestandenen Deutschtests beim Goethe-Institut. Es ist an der Zeit, dass wir diesen Zustand kritisch hinterfragen und eine dringend benötigte Veränderung herbeiführen.

Bereits jetzt existieren zahlreiche Ausnahmeregelungen von dem Sprachnachweiserfordernis vor der Einreise, sodass der Sprachnachweis in der Praxis fast ausschließlich von Ehegatten deutscher Staatsbürger verlangt wird (siehe weiter unten). Diese Ungleichbehandlung ist inakzeptabel und verstößt gegen grundlegende Prinzipien der Gleichberechtigung und des Schutzes der Familie. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Migrationspolitik derart willkürlich gestaltet wird und nur bestimmte Gruppen benachteiligt werden.

Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, den Sprachnachweis vor der Einreise zukünftig abzuschaffen. Es ist äußerst bedauerlich, dass diese Änderung bis zum heutigen Tag noch nicht eingetreten ist. Stattdessen haben wir erlebt, wie weitere Erleichterungen für vermeintliche Fachkräfte und ihre Ehepartner eingeführt wurden. Ein Beispiel hierfür ist der indische IT-Experte und seine Familie, die nun keinen Sprachnachweis mehr erbringen müssen, während der im Ausland lebende deutsche IT-Experte mit seiner Ehefrau nicht ohne weiteres nach Deutschland zurückkehren darf. Es stellt sich die Frage, warum der Ehepartner eines deutschen Staatsbürgers weiterhin mit diesem diskriminierenden Sprachnachweis konfrontiert wird.

In der Vergangenheit haben sich bereits deutliche Anzeichen einer tatsächlichen Diskriminierung im Vergleich zum Unionsrecht gezeigt. Nun finden wir diese potenziell verfassungswidrige Inländerdiskriminierung sogar im nationalen Aufenthaltsrecht wieder. Dies ist absolut inakzeptabel und stellt einen klaren Verstoß gegen die Grundprinzipien unserer Verfassung dar.

Wenn wir von Australiern, Japanern, Kanadiern und Amerikanern einen solchen Sprachnachweis nicht verlangen, aber für die nachziehende Ehefrau eines Deutschen, dann ist das in Wirklichkeit eine Inländerdiskriminierung.

Boris Pistorius (SPD)

GFK-Flüchtlinge benötigen keinen Sprachnachweis

Auch das so oft angeführte Argument mit dem Sprachnachweis „Zwangsheiraten“ durch „absichtliches Nichtbestehen“ der Tests verhindern zu wollen ist vollkommen absurd. Flüchtlinge benötigen beim Familiennachzug einen Sprachnachweis genausowenig wie die womöglich zwangsverheiratete Ehefrau des Inhabers einer blauen Karte aus gewissen arabischen Ländern.

Es darf nicht sein, dass lediglich die Ehepartner von deutschen Staatsbürgern unter solch diskriminierenden Einreisevoraussetzungen leiden. Wir müssen uns für eine gerechtere und menschenwürdigere Einwanderungspolitik einsetzen, die die Rechte und Bedürfnisse aller Menschen respektiert, unabhängig von ihrem familiären Hintergrund. Es ist an der Zeit, dass wir die bestehenden Ungleichheiten und Hürden überwinden und eine Politik fördern, die auf Integration, Chancengleichheit und Zusammenhalt setzt. Nur so können wir eine Gesellschaft schaffen, die auf den Grundwerten der Gerechtigkeit und der Würde des Menschen beruht.

Es bleiben folglich vor allem Deutsche übrig, die außen vor bleiben. Deren Ehegatt/innen sollen keine Bereitschaft haben, im Inland Deutsch zu lernen? Das ist grotesk! Anstatt weitere Ausnahmen sich auferlegen zu lassen, ist es Zeit zu handeln, die Regelung zum Sprachnachweis in § 30 Aufenthaltsgesetz zu streichen und für den Spracherwerb Deutsch die Integrationskurse im Inland zu nutzen, denn sie wurden für das Erlernen der deutschen Sprache eigens geschaffen.

Hiltrud Stöcker-Zafari, ehemalige Bundesgeschäftsführerin des Verbands binationaler Familien und Partnerschaften

Liste der Ausnahmen vom Sprachnachweis

-in Deutschland lebender Ehegatte ist nicht deutscher Staatsbürger aber Staatsbürger eines anderen EU-Lands-Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, wenn die Ehe bereits im Herkunftsland bestand

-Ehegatte ist wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage, einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen

-erkennbar geringer Integrationsbedarf (zum Beispiel Hochschulstudium)

-in Deutschland lebender ausländischer Ehegatte besitzt die Staatsangehörigkeit von Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, von Neuseeland, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands oder von Andorra, Brasilien, El Salvador, Honduras, Monaco oder San Marino

-in Deutschland lebender Ehegatte ist im Besitz einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte oder einer Mobiler

-ICT-Karte oder ist Forscher oder Selbständiger-es liegt ein besonderer Härtefall vor (Erwerb der deutschen Sprachkenntnisse war innerhalb eines Jahres nicht möglich oder zumutbar)

-Familiennachzug zu anerkannten GFK-Flüchtlingen

-Fachkraft mit Berufsausbildung (§ 18a AufenthG)

-Fachkraft mit akademischer Ausbildung (§ 18b Abs. 1 AufenthG)

-Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte (§ 18c Abs. 3 AufenthG)

-Leitende Angestellte und Spezialisten (§19c Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Nr. 1 und 3 BeschV)

-Wissenschaftler, Gastwissenschaftler, Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers, Lehrkraft (§19c Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 5 BeschV)

-IT-Fachkräfte (§19c Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 6 BeschV)

-Inhaber einer ICT Karte (§ 19 AufenthG),

-Forscher (§§ 18d, 18f AufenthG),

-Firmengründer (§ 21 AufenthG),

-Asylberechtigter (§ 25 Abs. 1 bzw. § 26 Abs. 3 AufenthG),

-anerkannter Flüchtling (§ 25 Abs. 2 bzw. § 26 Abs. 3 AufenthG),

-Daueraufenthaltsberechtigter aus anderen EU-Staaten (§ 38a AufenthG)

-Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach §19c Abs. 4 S.1 AufenthG

Warum dürfen 10.000 Ehepartner pro Jahr nicht einreisen?

Warum dürfen gerade einmal 10.000 Ehepartner pro Jahr aufgrund eines Sprachnachweises nicht einreisen? Wem ist durch diese Regelung tatsächlich geholfen? Vielleicht nur den Goethe-Instituten die durch Sprachkurse und Sprachtest einen Teil Ihres Finanzierungsbedarfs decken.

Der Sprachnachweis vor der Einreise erzeugt für die Betroffenen großes Leid, und die Einreise wird in vielen Fällen über mehrere Jahre hinweg verhindert – trotz entsprechender Härtefallregelungen. Die irreguläre Migration führt zu weitaus höheren Migrationszahlen. Migrationspolitisch kann es keinen Sinn machen, gerade Ehepartner von bereits gut integrierten deutschen Staatsbürgern an der Einreise zu hindern.

Ursprünglicher Grund für Sprachnachweis seit Jahren entfallen

Die gesamte Absurdität dieses Sprachnachweises im Herkunftsland wird durch die Herausnahme einer weiteren Personengruppe, der türkischen Staatsbürger/innen in Deutschland, unterstrichen – die Diskriminierung eigener Staatsbürger/innen und damit indirekt die Unterbindung der freien Partner/innenwahl zementiert.

Hiltrud Stöcker-Zafari, ehemalige Bundesgeschäftsführerin des Verbands binationaler Familien und Partnerschaften

Den Sprachnachweis jetzt abschaffen

Es ist an der Zeit, eine vernünftige und menschenzentrierte Migrationspolitik zu verfolgen, die auf den Schutz von Familien, Integration und Chancengleichheit basiert. Indem wir den Sprachnachweis vor der Einreise abschaffen und bürokratische Hürden reduzieren, können wir eine Politik schaffen, die auf Empathie, Menschlichkeit und Gemeinschaftssinn gründet.

Abwanderung von Fachkräften vermeiden und Rückkehr fördern

In vielen Fällen gestaltet es sich für die Betroffenen leichter zusammen im (europäischen) Ausland zu leben anstatt sich den absurden Anforderungen und Rechtsansichten des Auswärtigen Amts und der Ausländerbehörden zu unterwerfen. Bei diesen Auswanderern handelt es sich in den meisten Fällen um gut ausgebildete Fachkräfte, die Deutschland – vielleicht für immer – verlassen.

Eine Erleichterung bei den Einreisevoraussetzungen für den Kernbereich der Familie könnte hier wahre Wunder wirken.

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