Euer Partner kann – aus welchem Grund auch immer – nicht den geforderten Deutschtest vorlegen? Die Bearbeitungszeit oder Terminvergabe dauert ewig? Die Behörden machen euch unbegründet das Leben schwer? Dann kann es nur noch eine Lösung geben und diese Lösung heißt auswandern.

Vorweg: Auswandern und ein neues Leben beginnen ist ebenfalls Arbeit und in vielen Fällen kann es einfacher sein den geforderten Deutschtest beizubringen. Dieser Artikel befasst sich also keineswegs damit den Deutschtest beim Ehegattennachzug auf einfache Art und Weise zu umgehen, denn Auswandern ist ebenfalls nicht einfach. Für viele Betroffene gibt es aber schlichtweg keine anderen Optionen mehr außer zusammen auszuwandern. Trennungszeiten von mehreren Jahren sind unmenschlich.

In diesem Artikel werden wir im späteren Verlauf hauptsächlich beleuchten, wie eine Auswanderung in ein anderes EU-Land gelingen kann.

Überlegungen

Überlegt Euch bitte vor der Auswanderung, ob eine Auswanderung das Richtige für euch ist. Dabei solltet ihr prüfen, welche Verdienstmöglichkeiten ihr im Ausland habt und wie viel Geld auf eurem Bankkonto liegt. Auch gesundheitliche Gründe wie z. B. Vorerkrankungen sollten auf jeden Fall bedacht werden.

Zuerst solltet Ihr Euch Fragen wo die Reise hingeht: In das Land eures Partners (außerhalb der EU) oder einfach in ein anderes EU-Land? Prüft welche Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in dem Land anfallen werden. Prüft auch wie hoch die Mieten und Lebenshaltungskosten sind und ob euch das Land und die Leute gefallen (hierzu mehr weiter unten).

Sprecht z. B. mit Eurem Arbeitgeber, ob ihr eure jetzige Stelle teilweise oder vollständig Remote auf selbständiger Basis machen könnt. Vergesst hierbei nicht noch weitere Auftraggeber zu finden damit die Zahlungen von keinem der Auftraggeber überwiegen. Für Euren Arbeitgeber ist der Vorteil klar: Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es auf diese Weise für ihn günstiger euch zu beschäftigen (Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung).

Erklärt eurem Partner die Lebensrealitäten des jeweiligen Landes und wie das Wetter dort z. B. im Winter ist.

Goodbye Deutschland

Holt euch einen neuen Reisepass, einen frischen Personalausweis und eine internationale Geburtsurkunde – insbesondere wenn ihr nicht in ein anderes EU-Land zieht.

Der beste Zeitpunkt um sich abzumelden ist zum Ende des Jahres, d. h. vom 15 – 30 Dezember. Warum? Weil ihr dann im neuen Jahr keine Steuererklärung mehr für das neue Jahr abzugeben braucht. Für die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland genügt ein Wohnsitz in Deutschland für nur 1 Tag innerhalb eines Jahres. Wichtig: Ihr erhaltet eine Abmeldebescheinigung – nicht wegwerfen!

Natürlich sollte daher euer altes Arbeitsverhältnis und euer alter Mietvertrag auch zum Ende des Jahres ein Ende finden.

Der Aufbruch in ein neues EU-Land ohne Sprachnachweis

Ihr fragt euch natürlich bereits wie denn nun der Ehegattennachzug in ein anderes EU-Land gelingen könnte. Im Optimalfall ist ein Ehegattennachzug in ein anderes EU-Land ganz einfach, denn Familienangehörige von Unionsbürgern sind in Begleitung des Unionsbürgers ebenfalls freizügigkeitsberechtigt.

Sollte das zukünftige EU-Land bereits mit Sicherheit feststehen, könntet ihr direkt ein nationales Visum beantragen.

Es empfiehlt sich jedoch stark erstmal zusammen mit dem Partner zu prüfen, ob und welches Land für einen zukünftigen Wohnsitz in Frage kommt.

Wie geht das am besten? Mit einem „Urlaub“!

Schengen-Visum für Familienangehörige von Unionsbürgern

Daher beantragt ihr kein nationales Visum, sondern ein Schengen-Visum für einen Kurzaufenthalt von bis zu 90 Tagen für Familienangehörige von Unionsbürgern. Empfehlenswert ist es, sich z. B. Polen, Tschechien und andere (ähnliche) Staaten anzusehen. Der Antrag muss bei der Botschaft des Landes gestellt werden, bei dem ihr euch die meiste Zeit aufhalten werdet.

Wenn ihr deutsche Staatsbürger seid, dann sollte dies natürlich nicht Deutschland sein, denn sonst bekommt ihr nicht die Vorteile der Freizügigkeitsrichtlinie.

In der Regel werdet ihr sodann ein Visum für euren Partner erhalten mit einem kleinen Vermerk, dass es sich um ein Visum für Familienangehörige von Unionsbürgern handelt.

Überraschung: Das Enddatum auf dem Visum ist nur wichtig für die Einreise an der Außengrenze. Ihr könnt auch länger in der EU bleiben – das Maximum beträgt 90 Tage pro Mitgliedsstaat (in Begleitung des EU-Bürgers). Normale Touristen dürfen sich nur 90 Tage pro 180 Tage im Schengen-Gebiet aufhalten, diese Beschränkung gilt nicht für Familienangehörige von Unionsbürgern in Begleitung des Unionsbürgers. Auch wenn das Visum abgelaufen ist, dürft ihr problemlos die Binnengrenzen zu anderen Mitgliedsstaaten überschreiten und in jedem Mitgliedsstaat maximal 3 Monate bleiben.

Achtung: Manche Länder verpflichten euch oder die Hotelbetreiber dazu trotzdem eure Anwesenheit bei z. B. der Ausländerpolizei zu melden. Ihr dürft aber nicht sofort gezwungen werden einen Wohnsitz zu nehmen, ein neues Visum zu beantragen oder einen anderen Aufenthaltstitel zu beantragen.

Solltet ihr länger als 3 Monate in einem Mitgliedsstaat bleiben wollen, so müsst ihr dort auch einen Wohnsitz nehmen und eine Aufenthaltskarte-EU beantragen (innerhalb dieser ersten 3 Monate sollte der Antrag gestellt werden).

Zusammenfassend könnt ihr also zusammen mit eurem Partner in der EU machen was ihr wollt (solange genug finanzielle Mittel vorhanden sind und eine Krankenversicherung).

Gefällt es eurem Partner nicht, könnt ihr die EU auch einfach wieder verlassen. Gefällt euch beiden eines eurer Zielländer könnt ihr euch dort unkompliziert eine Wohnung nehmen und habt Dank der Freizügigkeitsrichtlinie einen sehr guten Rechtsanspruch dort zu bleiben.

Wichtig: Damit ihr länger als 3 Monate bleiben dürft sollte zumindest der Unionsbürger eine Beschäftigung – wie z. B. einer selbständigen Tätigkeit – nachgehen. Auch ist in jedem Fall eine Krankenversicherung auf dem Standard einer Incoming-Versicherung empfehlenswert und in bestimmten Fällen ab 3 Monaten auch Pflicht (bis ihr im gesetzlichen System aufgenommen seid).

Wir empfehlen hierzu die Basic Incoming Versicherung der tschechischen PVZP, denn diese Versicherung lässt sich ganz einfach abschließen, ist in ganz Schengen gültig und lässt sich sogar für mehr als 3 Monate abschließen! Die deutschen Incoming-Versicherungen sind hingegen stets auf 3 Monate begrenzt und können auch nur aus dem Ausland heraus gebucht werden.

Eine Incoming-Versicherung bietet i. d. R. einen Versicherungsschutz für medizinische Notfälle bis zu einer Höhe von 60.000 EUR pro Versicherungsfall und ist im Übrigen für normale Touristen Pflicht. Für Unionsbürger und deren Familienangehörige besteht diese Pflicht nicht, wir empfehlen jedoch trotzdem den Abschluss einer Incoming-Versicherung, denn im Ernstfall wird es sonst richtig teuer.

Wie geht es jetzt weiter?

Ihr solltet jetzt in eurem neuen Heimatland sein und habt bereits eine Aufenthaltskarte-EU beantragt. Jetzt müsst ihr euch natürlich darum bemühen auch euren Lebensunterhalt zu bestreiten und alle Formalitäten zu erledigen. Meldet eure Firma an bzw. findet eine Beschäftigung, registriert euch beim Finanzamt, der Krankenversicherung und allen weiteren wichtigen Stellen.

Sobald eure Aufenthaltskarte-EU bereit liegt könnt ihr mit dieser Karte auch unkompliziert wieder kurze Urlaube im Heimatland eures Partners außerhalb der EU machen. In der Regel sind Auslandsaufenthalte außerhalb der EU von 2 bis 3 Monaten dann unproblematisch. Die Karte „ersetzt“ das Visum.

Nach 5 Jahren Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat könnt ihr dann eine Daueraufenthaltkarte-EU beantragen und sichert euch damit ein Daueraufenthaltsrecht.

Empfehlungen

Auswandern, zahlreiche Verwaltungsformalitäten und dann auch noch eine Firma gründen – das hört sich für viele sicherlich sehr aufwendig an.

Eine Empfehlung von uns für niedrige Steuern und wenig Buchhaltungsaufwand ist die Tschechische Republik. Die Mentalität der Menschen ist jedoch eine ganz andere und wir empfehlen jedem sich den zukünftigen Wohnort vorher anzusehen. In Tschechien sticht besonders die Flat-Rate-Tax ins Auge.

Auch Italien könnte steuerlich für viele Interessant sein, hier scheint das „Regime Forfettario“ interessant zu sein.

In Frankreich soll es kleine steuerliche Vorteile mit dem „Micro Enterprise for digital nomads“ geben.

Für die kanarischen Inseln (z. B. Teneriffa) gibt es auch kleinere Steuererleichterungen und die Inseln gehören zu Spanien und somit auch zum Schengenraum.

Ansonsten steht es natürlich jedem frei auch in andere Länder auszuwandern.

Die Rückkehr

Noch eine Überraschung: Solltet Ihr im EU-Ausland gelebt haben und somit nachhaltig eure Freizügigkeitsrechte ausgeübt haben könnt ihr diese Rechte bei einer Rückkehr nach Deutschland (samt eurem Partner) mitnehmen.

Abschließende Worte für Kritiker

Dieser Artikel behandelt keineswegs wie der deutsche Sprachnachweis SD1/A1 beim Ehegattennachzug zu Deutschen umgangen werden kann. Auch ruft dieser Artikel nicht dazu auf einen „falschen“ Visa-Typ zu beantragen.

Warum?

Aufwand

Der Aufwand für die Auswanderung ist wie Eingangs beschrieben deutlich höher als den geforderten Sprachtest zu bestehen. Sollte es in Einzelfällen tatsächlich leichter sein den Sprachtest zu „umgehen“, dann müsste bzw. sollte der Sprachtest hier ohnehin aufgrund einer Härtefallregelung entfallen, d. h. eine „Umgehung“ kann hier nicht vorliegen. In der Theorie ergibt sich rein vom Aufwand her also kein Vorteil. In der Praxis können sich aber zeitliche Vorteile für die Betroffenen ergeben und Trennungszeiten massiv reduziert werden.

Lebensmittelpunkt

Wird der Lebensmittelpunkt tatsächlich in das EU-Ausland verlagert liegt auch kein Rechtsmissbrauch vor, denn die Ausübung eines zustehenden Rechts kann nie missbräuchlich sein. Ein Rechtsmissbrauch liegt nur vor, wenn der Wohnsitz bzw. die Wohnung in Deutschland und die Arbeit dort beibehalten wird. In einem solchen Fall wird die Wohnsitznahme im EU-Ausland nur dazu dienen die nationalen Vorschriften zu umgehen. Werden also sowohl Wohnsitz als auch Beschäftigung und somit der gesamte Lebensmittelpunkt ins EU-Ausland verlagert, so liegt hier unter keinen Umständen ein Rechtsmissbrauch vor – die Betroffenen können sogar zu Recht behaupten „Deutschland aufgrund des Sprachnachweises verlassen“ zu haben – ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.

Schengen-Visum für einen Kurzaufenthalt

In vielen Fällen wird der Partner des Unionsbürger noch nie in Europa gewesen sein. Weder in Deutschland noch in anderen Ländern fließen Milch und Honig auf den Straßen. Das persönliche Erleben dieser neuen Umgebung und Länder ist vor einer endgültigen Entscheidung sehr wichtig. Daher ist es nur natürlich im Rahmen eines Kurzaufenthalts zu prüfen, ob ein oder mehrere andere EU-Länder als zukünftiger Wohnsitz in Frage kommen. Die endgültige Entscheidung kann sich nur während eines Kurzaufenthalts herausbilden, daher ist die Beantragung eines Schengen-Visums für Familienangehörige von Unionsbürgern absolut richtig. Es wäre „falsch“ ein nationales Visum für z. B. Polen zu beantragen, dann nur 2 Wochen in Polen zu verbringen und sodann einen Wohnsitz in Spanien zu nehmen.