Was ist Ihre persönliche Position zum Deutschtest („Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse“ / Goethe SD1 (Level A1-A2) im Rahmen des Ehegattennachzugs zu deutschen Staatsbürgern?

Ich persönlich habe in der letzten Zeit den Eindruck gewonnen, dass mein Anliegen für die „Rechten“ und „Konserativen“ wohl zu links ist und für die „Linken“ doch wieder zu „rechts“. Vielleicht sollte Ihnen und allen Parteien einfach einmal auffallen, dass es so nicht weiter gehen kann und dieses politische Anliegen weder links, mittig, rechts, unten oder oben zu verorten ist.

Es geht hier um ein Grundrecht auf Familie von einer kleinen Personengruppe ohne jegliche Lobby. Im Gegenteil: Die einzige Lobby rund um den Sprachnachweis ist für dessen Erhalt, um den Finanzierungsbedarf der Goethe-Institute zu decken.

2022 scheiterten etwa 13.000 Prüfungsversuche bei diesem Sprachtest. Davon handelt es sich vermutlich um 40% Zweitversuche. Wir sprechen also von etwa 8.000 Personen pro Jahr – die vermutlich in Deutschland leichter deutsch lernen könnten als in einem Reisfeld.

Im Vergleich hierzu stehen z. B. unglaubliche 1.100.000 Personen welche 2022 aus der Ukraine nach Deutschland gezogen sind – ohne Sprachnachweis. 8.000 weitere Personen pro Jahr ohne nachweisbare Deutschkenntnisse (bei der Einreise!) machen demnach absolut keinen Unterschied.

Nach der Einreise sind ohnehin weitere Sprachkurse und ein Integrationskurs vorgeschrieben (siehe unten).

Jeder weitere deutsche Staatsbürger der aufgrund dieses Einreisehindernisses auswandert macht jedoch einen sehr großen Unterschied. Bei diesen Auswanderern handelt es sich nämlich meistens um hochqualifizierte Fachkräfte – die Deutschland derzeit und in Zukunft dringend benötigt.

Bevor Sie jedoch meine Eingangs gestellte Frage beantworten, möchte ich Ihnen in aller Kürze noch folgende Probleme aufzeigen:

Es kommt beim Deutschtest zur sogenannten „Inländerdiskriminierung“ der deutschen Ehepartern, denn diese werden im Vergleich zu anderen EU-Bürgern grds. benachteiligt. Mit der letzten Änderung (Chancen-Aufenthaltsrecht) werden nunmehr sogar vermeintliche Fachkräfte aus dem Ausland und deren Ehepartner vom Deutschtest ausgenommen, während rückkehrwillige Auslandsdeutsche und deren Familienmitglieder weiterhin an einer Rückreise gehindert werden. Die Dokumente zur Abwägung dieser verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung hält das BMI unter Verschluss (Anfrage #277507 bei FragdenStaat), obwohl dieses Gesetzgebungsverfahren bereits vollständig abgeschlossen ist.

Es gibt beim Deutschtest für sehr viele Personengruppen Ausnahmen (Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge, Hochqualifizierte, Forscher, Firmengründer, Inhaber Blaue Karte EU, Daueraufenthaltsberechtigte anderer EU-Staaten, Staatsangehörigkeit von Australien, Israel, Japan, Kanada, Republik Korea, Neuseeland, Vereinigte Staaten von Amerika, Andorras, Honduras, Monacos oder San Marinos, Ehepartner von deutschen die im Sinne des EU-Rechts Ihre Freizügigkeitsrechte im EU-Ausland in Anspruch genommen haben).

Es bleibt nach all diesen Ausnahmen (nicht abschließend) eigentlich nur noch eine Personengruppe übrig: Ehepartner aus („ärmeren“) Drittstaaten von deutschen Staatsbürgern (die in Deutschland leben und arbeiten/noch nie im EU-Ausland gearbeitet haben).

Vor diesem Hintergrund halte ich es nicht mehr für tragbar am Sprachnachweis vor der Einreise nach Deutschland festzuhalten.

Visa zu Besuchszwecken und/oder dem Spracherwerb werden (wegen der vermeintlichen Gefahr der „Umgehung“ des Sprachnachweises“) nur sehr selten erteilt. Insbesondere werden Ehepartner gegenüber normalen Touristen beim Besuchsvisum hierdurch benachteiligt.

Auch die Härtefallregelung sowie die vom EuGH festgestellte maximale Nachzugsverögerung von 1 Jahr werden nur sehr selten bzw. nicht rechtskonform durch die deutschen Behörden angewendet. Gerichtsverfahren haben eine aussichtlos lange Laufzeit, denn die Verfahren müssen vor dem bereits vollkommen überlasteten Verwaltungsgericht Berlin geführt werden. Ein effektiver und zeitlich angemessener Rechtsschutz ist für die Betroffenen daher nicht mehr möglich.

Weiter wird für eine etwaige dauerhafte Aufenthaltsberechtigung (nachdem ein Ehegattennachzug mit SD1-Sprachtest erfolgen konnte) ein bestandener B1-Sprachnachweis sowie eine erfolgreich abgeschlossene Integrationskursteilnahme verlangt. Können diese Nachweise nicht beigebracht werden, erfolgt eine Verlängerung des Aufenthaltstitels in vielen Fällen mit einer menschenunwürdigen Verlänerungsdauer von 6 Monaten – um größeren Druck auf die betroffenen auszuüben.

Insbesondere im Hinblick auf die zusätzlichen Voraussetzungen für eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung und die offensichtliche Inländerdiskriminierung halte ich den Nachweis von Kenntnissen der deutschen Sprache nach SD1 weder für noch zeitgemäß noch gerecht.

Ich persönlich bin bereits vor einigen Jahren aufgrund des Sprachnachweises ausgewandert und beabsichtige auch in näherer Zukunft nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren, dennoch setze ich mich für eine Abschaffung dieses verfassungswidrigen Einreisehindernisses ein, welches nur dazu geschaffen wurde, um Menschen und Beziehungen zu zermürben bis auch der letzte Funke Hoffnung verblasst ist.

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