Wir beleuchten hier die Möglichkeit vorsätzlicher Fehler zum Thema Sprachnachweis als Einreisevoraussetzung beim Ehegattennachzug.
Auf Seite 124 werden Sprachprüfungen in Heimatländern mit Bestehensquoten um die 65 % thematisiert. Eine Aufschlüsselung in Erst- und Zweitversuche findet unserer Meinung nach absichtlich nicht statt. Denn die Darstellung mit Bestehensquoten statt Durchfallquoten beim Erst- und Zweitversuch deutet auf eine absichtliche Verzerrung der Ergebnisse hin. Vielmehr ist bei einer Bestehensquote von 65%, dass die Durchfallquote im Erstversuch bei nur 50% lag.
Es wurde die Formulierung „Die notwendigen Sprachkenntnisse werden in der Regel durch die erfolgreiche Teilnahme an einem anerkannten Sprachkurs im Herkunftsland nachgewiesen“ gewählt, jedoch sind in vielen Herkunftsländern weder Vor-Ort-Sprachkurse noch Sprachprüfungen verfügbar.
Auch werden „Ausnahmen von dieser Regelung […] in der Infobox im Rahmen der Einleitung zu Kapitel 3.5 erläutert“. Die erwähnte Infobox auf Seite 115 des Migrationsberichts enthält jedoch nicht alle Ausnahmegründe. Die Beschriftung sowie die vorher getroffene Aussage sind somit nachweislich falsch.
Besonders anzumerken ist hier, dass z. B. der Wegfall des Sprachnachweises für freizügigkeitsberechtigte Familienangehörige von Unionsbürgern nicht aufgeführt wurde. Weder das Freizügigkeitsgesetz noch die Richtlinie 2004/38/EG werden in der dargestellten Tabelle als Ausnahmegrund aufgeführt.
Zugutegehalten werden muss jedoch, dass dies zumindest im Text von Kapitel 3.5 erwähnt wird: „Der Familiennachzug zu in Deutschland lebenden EU-Staatsangehörigen sowie zu deutschen Staatsangehörigen, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU Gebrauch gemacht haben, richtet sich hingegen nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU (§§ 2 ff. FreizügG/EU).“
Wenngleich dies im Freitext derart aufgeführt ist, dürfte es bei der Zielgruppe – z. B. andere Bundestagsabgeordnete – im Eifer des Gefechts dazu kommen, dass diese lediglich die Tabelle wahrnehmen und nicht die weiter entfernte Erläuterung mit dem Verweis auf das Freizügigkeitsrecht, insbesondere bei der Rückverweisung von Seite 124 auf die Tabelle auf Seite 115.
Der Aussage „Der Nachzug von Familienangehörigen dient der Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft (§ 27 Abs. 1 AufenthG) unter Bezugnahme auf Art. 6 GG“ können wir im Hinblick auf die Wahrung einer bereits im Ausland geführten familiären Lebensgemeinschaft nur schmunzeln, denn meist führt diese Regelung zu einer Trennung der Ehepartner oder verhindert effektiv die Einreise beider Ehepartner.
Es erfolgt auf Seite 117 in den Erläuterungen zu den Änderungen durch das Chancen-Aufenthaltsgesetz kein Hinweis darauf, dass es durch die Änderung zu einer offensichtlichen Diskriminierung der eigenen Staatsbürger beim Sprachnachweis als Einreisevoraussetzung kommt. Dies insbesondere, da Ehepartner von ausländischen Fachkräften diesen Nachweis nicht mehr erbringen müssen, aber der Ehepartner eines rückkehrwilligen deutschen Staatsangehörigen weiterhin erbringen muss.